Analysen

Die Künstlerische Interpretation

Die Analysen werden Deine musikalische Vorstellung und Deine Wahrnehmung für musikalische Abläufe verbessern, und Deine Intuition auf die richtige Fährte leiten.

 

Diese Analysen sollen als Anregungen zum eigenen Weiterdenken dienen.

„Das Thema der Interpretation, das durch Analyse herzustellen und dann durch Klang darzustellen ist,

ist der musikalische Sinn.“

Adorno, Ästhetische Theorie

 

Die Grundlagen!

Intuition und gründliche Analyse

Daniel Barenboim

Einige Musiker befinden sich in dem Irrglauben, dass eine zu gründliche Analyse einer Komposition das Intuitive und Freie an ihrem Spiel zerstören könnte; sie verwechseln Wissen mit Rigidität und vergessen, dass rationales Begreifen nicht nur möglich, sondern absolut notwendig ist, wenn die Imagination frei schweifen können soll.

Daniel Barenboim, Klang ist Leben, Pantheon (Verlag) 
Kapitel: Freiheit des Denkens und Interpretation.
 

 

 

Phrasierung

 

Phrasierung ist die sinngemäße Gliederung des musikalischen Textes.

Jeder Text muss mit Punkt und Komma vorgetragen werden, auch der musikalische Text.
Dieser besteht aus Silben, die sich zu Wörtern zusammensetzen, daraus wiederum werden Halbsätze, Sätze , Frage- und Antwortsätze etc. gebildet.
Diese Struktur, den Satzbau des Stückes, müsst ihr verstehen, um die Struktur gestalten zu können.

Die Phrasierung ist die Interpunktion der Musik, d.h. die sinngemäße, künstlerische Interpretation eines Werkes.

Für eine bewusste Phrasierung ist die Kenntnis vom Satzbau (Periode/Satz) unabdingbar.

Beginnen Sie damit von Anfang an! In kindgerechter Sprache – Bauklötzchen, Lego etc.

 

„Das Thema der Interpretation, das durch Analyse herzustellen und dann durch Klang darzustellen ist,

ist der musikalische Sinn.“

 

Adorno, Ästhetische Theorie

 

 

 

„Achttaktige Periode“ und „Achttaktiger Satz"

Fasslichkeit und Abwechslung (1)

Gleichheit, Verschiedenheit, Ähnlichkeit

„Achttaktige Periode“ (2)

Die regelmäßige Form der achttaktigen Periode besteht aus einem viertaktigen Vordersatz (fragend endend mit Halbschluss) und einem viertaktigen Nachsatz (bestätigend endend mit Ganzschluss oder weiterführend offen mit Modulationsschluss etc.).

 

Der Vordersatz, auch Fragesatz, besteht aus einem Zweitakter a und einem Kontrast-Zweitakter b, dem Bedürfnis nach Abwechslung (a + b) wird hier durch den Kontrast-Zweitakter sofort entsprochen. Der Vordersatz endet in der Regel fragend auf der Dominante. Der Nachsatz, auch Antwortsatz, wiederholt den ersten Zweitakter a aus

dem Vordersatz (a + b'/c) und endet mit einem kadenzierenden Schluss-Zweitakter c oder ähnlich wie b'.

 

Dadurch, dass Vordersatz und Nachsatz mit demselben Zweitakter beginnen, erzeugt die achttaktige Periode Korrespondenz. Der Zusammenhalt wird durch den fragenden, offenen Halbschluss (Dominante) am Ende des Vordersatzes und dem ihm antwortenden, bestätigenden Ganzschluss (Tonika) am Ende des Nachsatzes verstärkt.

Syntaktische, metrische, melodische, motivische und harmonische Kräfte greifen hier ineinander und formen diese logische Struktur.

 

(2) "Achttaktige Periode" nach Schönberg, Ratz, Kühn.

Abweichungen wie Modulationsschluss oder Halbschluss am Ende des Nachsatzes verweigern die Bestätigung, bedeuten Konflikt und drängen so zu Weiterführung, Fortspinnung und Entwicklung des weiteren gedanklichen Materials. Hier sind die Begriffe „locker Gefügtes“(3) oder „fest Gefügtes“(3) von Nutzen, sowie die Idee der klassischen Zeit, dass nur Melodien mit Bestätigung in der Tonika (Ganzschluss) als Melodie im engeren Sinn galten.

Unregelmäßige Formen der Periode wie 7, 9, 10 oder elftaktige Perioden sind in der Wiener Klassik anzutreffen, insbesondere bei Ludwig van Beethoven (1770-1827) und Joseph Haydn (1732-1809). Bei Fernando Sor (1778-1839), Ferdinando Carulli (1770-1841), Matteo Carcassi (1792-1853) herrscht die regelmäßige Form der achttaktigen Periode vor, nur bei Mauro Giuliani (1781-1828), der in Wien in Kontakt mit der Wiener Klassik kam, findet man im ersten Satz der Sonate op. 15 eine unregelmäßige Form der Periode.

(3) Ratz, Einführung in die musikalische Formenlehre, Universal Edition, S. 30

„Achttaktiger Satz"(4)

Die regelmäßige Form des achttaktigen Satzes besteht aus einem Zweitakter a seiner sofortigen Wiederholung (a + a) und einem Viertakter, der die Motive aus a fortspinnt oder neues motivisches Material benutzt.

Durch die sofortige Wiederholung des Ersten-Zweitakters wird dem Bedürfnis nach Abwechslung nicht nachgegeben. Eine gesteigerte Erwartung auf Kommendes wird erzeugt. Das "Warum zweimal" (a + a) führt zu Kontrast, Entwicklung, Abspaltung und Fortspinnung des motivischen Materials, treibt die Entwicklung sozusagen voran.

 

Von Bedeutung sind im achttaktigen Satz die Proportionen der einzelnen Glieder:

Zweitakter a + Zweitakter a + Viertakter b (|| Kurz | Kurz || L   a   n   g ||).

 

(4) "Achttaktiger Satz" nach Schönberg, Ratz, Kühn, Caplin.

Harmoniefolgen: Frage | Antwort (T D | D T) oder Reihung (T D | T D) sowie Höhepunkt-Subdominanten sind hier von Bedeutung z.B. bei Fernando Sor (1778-1839) op. 9 Mozartvariationen. Auch kommen unregelmäßige Formen in allen denkbaren Varianten vor!

Zudem findet man in der Literatur Perioden mit satzartigen Halbsätzen.

Perioden mit satzartigen Halbsätzen

Auch größere Formen von Sechzehntaktern, z.B. Perioden mit satzartigen Halbsätzen etc., kommen in der Literatur häufig vor.

 

(1) Arnold Schönberg, Grundlagen der musikalischen Komposition, Universal Edition, S. 20

(2) "Achttaktige Periode" nach Schönberg, Ratz, Kühn.

(3) Ratz, Einführung in die musikalische Formenlehre, Universal Edition, S. 30

(4)"Achttaktiger Satz" nach Schönberg, Ratz, Kühn, Caplin.

 

 

Beispiele Downloads

„Achttaktige Periode“ und „Achttaktiger Satz"

Beispiel „Achttaktige Periode“ und „Achttaktiger Satz"

Ferdinando Carulli (1770 – 1841) Rondo C-Dur I Op. 333 Nr. 9

Ferdinando Carulli (1770 – 1841)  Rondo C-Dur I Op. 333 Nr. 9
Carulli, Rondo C-Dur I Op. 333 Nr. 9

Harmonische Gliederung, Reihung

Harmonische Gliederung
Harmonische Gliederung

Beispiel Matteo Carcassi, Walzer G-Dur

Carcassi_Walzer_G-Dur
Matteo Carcassi (1792 – 1853) Walzer G-Dur

Grundlagen! Grundlagen! Grundlagen!

Analysieren Sie bitte auch dieses Volkslied.

Satz, Periode oder Periode mit satzartigen Halbsätzen etc.?

 

Als Lehrkraft sollte man Schülern vom Anfang an die Grundlagen des Satzbaues erklären!

Das schärft ihre Aufmerksamkeit für musikalische Phänomene und lenkt sie auf die musikalischen Inhalte – weg vom dauernden Beobachten des Fingersatzes.

Ihre Schüler werden musikalisch bewusster spielen!

Die Analyse bitte erst später lesen.

Überlegen Sie bitte zuerst was Ihnen hierzu selbst einfällt

Für eine bewusste Phrasierung ist die Kenntnis vom Satzbau (Periode/Satz) unabdingbar.

Beginnen Sie damit von Anfang an! In kindgerechter Sprache – Bauklötzchen, Lego etc.

Literaturhinweise

1. Arnold Schönberg, Grundlagen der musikalischen Komposition, Universal Edition

2. Clemens Kühn, Formenlehre der Musik, dtv/Bärenreiter

3. Erwin Ratz, Einführung in die musikalische Formenlehre, Universal Edition

4. Charles Rosen, Der klassische Stil, dtv/Bärenreiter

5. William E. Caplin, Funktionale Komponenten im achttaktigem Satz, Musiktheorie 1986 H.3, Laaber-Verlag

6. Daniel Barenboim, Klang ist Leben, Pantheon (Verlag), Kapitel: Freiheit des Denkens und Interpretation